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Russland hat nach eigenen Angaben das zur Eindämmung einer globalen Ernährungskrise abgeschlossene Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide ausgesetzt. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte den Schritt am Samstag im Onlinedienst Telegram mit dem Angriff auf seine Schwarzmeerflotte in der von Russland annektierten Halbinsel Krim, den es als "Terrorakt" mit Hilfe Großbritanniens bezeichnete. Scharfe Kritik an der russischen Entscheidung kam unter anderem aus Kiew und Washington.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seinem täglichen Internetvideo, die Aussetzungs-Entscheidung sei "nicht erst heute getroffen" worden. "Russland hat im September damit begonnen, die weltweite Nahrungsmittelknappheit zu verschärfen, als es die Bewegungen von Schiffen, die unsere landwirtschaftlichen Erzeugnisse transportieren, zu blockieren begann." Selenskyjs Angaben zufolge waren bereits mindestens 176 Schiffe mit mehr als zwei Millionen Tonnen Getreide von Moskau blockiert worden.
Selenskyj forderte eine "energische internationale Reaktion". US-Präsident Joe Biden nannte die Entscheidung Moskaus vor Journalisten "schlichtweg unerhört". Es gebe "keinen Grund" dafür, sagte er. Eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats in Washington hatte zuvor gesagt, Moskau setze Lebensmittel erneut als Waffe ein.
Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, es sei "von entscheidender Bedeutung", dass "alle Vertragsparteien jegliche Handlungen unterlassen", die das Abkommen gefährden würden. Es sei von "zentraler humanitärer Bedeutung" und wirke sich positiv auf den Zugang von Millionen Menschen weltweit zu Nahrungsmitteln aus.
Das Getreideabkommen war am 22. Juli unter Vermittlung der Türkei und der UNO in der türkischen Metropole unterzeichnet worden und galt als zentraler Beitrag zur Milderung der vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten globalen Ernährungskrise. Dank dem Abkommen waren bereits neun Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine ausgeführt worden.
Das Abkommen sollte eigentlich am 19. November verlängert werden. Seine Einhaltung wird von einem internationalen Koordinationszentrum in Istanbul überwacht.
Aus türkischen Sicherheitskreisen hieß es am Samstag, die Regierung in Ankara sei über den Rückzug Russlands vom Getreideabkommen von Moskau noch "nicht offiziell in Kenntnis gesetzt worden".
Bei den Angriffen auf die russische Schwarzmeerflotte, mit denen Moskau seinen Rückzug rechtfertigte, handelte es sich nach Angaben des Gouverneurs der größten Stadt der Krim, Michail Raswojajew, gegenüber der Nachrichtenagentur Tass um die "schwersten Angriffe" mit Drohnen auf die russisch besetzte Halbinsel seit Beginn der breit angelegten russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar.
Ziel der Angriffe auf die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol mit Drohnen und "ferngesteuerten Überwasserfahrzeugen" seien auch Schiffe gewesen, die zum Schutz der Getreide-Konvois im Einsatz gewesen seien, erklärte das Verteidigungsministerium.
Sewastopol ist der Heimathafen und Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte. Die Großstadt hat zudem eine zentrale Rolle für die Logistik des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Moskau warf am Samstag Großbritannien vor, britische "Spezialisten" seien sowohl in den Angriff auf die Schwarzmeerflotte als auch auf den "Terrorangriff" auf die deutsch-russischen Erdgas-Pipelines Nord Stream am 26. September verwickelt. Moskau kündigte an, es werde die Angriffe vor dem UN-Sicherheitsrat zum Thema machen.
Russland wolle "die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft insbesondere über den UN-Sicherheitsrat" auf die "Reihe von Terrorangriffen gegen Russland im Schwarzen Meer und in der Ostsee" richten und hierbei auch die "Verwicklung Großbritanniens" thematisieren, erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram.
Großbritannien wies die Vorwürfe zurück. Um vom "desaströsen Versagen bei der illegalen Invasion der Ukraine abzulenken", bediene sich das russische Verteidigungsministerium "Falschbehauptungen epischen Ausmaßes", schrieb das britische Verteidigungsministerium auf Twitter. Die "erfundene Geschichte" verrate mehr über "Streit innerhalb der russischen Regierung als über den Westen".
C.Dean--TFWP