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UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hat die israelische Regierung aufgefordert, die Massenproteste gegen die umstrittene Justizreform nicht zu ignorieren. "Ich rufe diejenigen, die die Macht haben, eindringlich auf, den Appellen dieser Bewegung Rechnung zu tragen", erklärte Türk am Donnerstag in Genf. Die Reformgegner in Israel setzten "ihr Vertrauen in den fortdauernden Wert einer unabhängigen Justiz", um "die Rechte aller Menschen" zu schützen.
Aus Protest "demonstrieren sie friedlich, schmieden Allianzen für die Verteidigung von Demokratie und grundlegenden Freiheiten", fügte der UN-Kommissar mit Blick auf die Reformgegner hinzu. Es handele sich um "eine breit angelegte soziale Bewegung, die über die Monate gewachsen ist, um für Menschenrechte aufzustehen und den demokratischen Freiraum und die verfassungsmäßige Balance zu erhalten, die Israel über viele Jahrzehnte hinweg so gewissenhaft aufgebaut hat".
Das israelische Parlament hatte am Montag ungeachtet anhaltender Proteste im Land einen entscheidenden Teil der umstrittenen Justizreform der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gebilligt. Die Knesset verabschiedete mit den Stimmen der rechts-religiösen Regierungsmehrheit die sogenannte Angemessenheitsklausel. Diese nimmt dem Obersten Gericht die Möglichkeit, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" einzustufen und sie außer Kraft zu setzen.
Gegen die Justizreform finden seit etwa sieben Monaten regelmäßig Massenproteste in Israel statt. Auch im Ausland, etwa bei Israels wichtigem Verbündeten USA, stoßen die Reformpläne auf Besorgnis.
Die Bundesregierung erklärte am Mittwoch, dass sie die Verabschiedung der Angemessenheitsklausel in der Knesset "mit einer gewissen Sorge zur Kenntnis" genommen habe. Regierungssprecher Steffen Hebestreit führte aus, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei mit Netanjahu sowie mit Israels Präsident Isaac Herzog im Gespräch über die Lage - wobei der Kanzler die Haltung des Präsidenten teile, der die Justizreform kritisch sieht.
D.Johnson--TFWP