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Eine Woche nach Kriegsbeginn hat Russland eine erste Großstadt in der Ukraine eingenommen. Russische "Besatzer" seien in allen Stadtteilen der südlichen Hafenstadt Cherson und "sehr gefährlich", erklärten die dortigen Behörden am Donnerstag. Zudem verschärften sich in anderen ukrainischen Städten die Kämpfe. Die UN-Vollversammlung rief Russland mit großer Mehrheit zum "sofortigen" Abzug auf, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) nahm Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen auf.
Chersons Bürgermeister Igor Kolychajew schrieb in Anspielung auf russische Soldaten auf Facebook, er habe ein Gespräch mit "bewaffneten Gästen" geführt. Er habe den Russen "gezeigt, dass wir nicht aggressiv sind", aber "keine Versprechungen gemacht".
Kolychajew rief eine Ausgangssperre aus und schränkte den Fahrzeugverkehr ein. Die 290.000 Einwohner sollten sich daran halten, damit die ukrainische Flagge weiterhin über Cherson wehen könne. Zugleich berichtete der Bürgermeister von "enormen Schwierigkeiten", Todesopfer zu bergen, sowie bei der Versorgung mit Essen und Medikamenten.
Cherson liegt unweit der 2014 von Russland annektierten Krim-Halbinsel. Auch die deutlich kleinere Hafenstadt Berdjansk wurde bereits von russischen Truppen erobert, eine Offensive gegen die Hafenstadt Mariupol läuft. "Heute war der schwierigste und grausamste Tag der sieben Tage des Krieges", sagte Mariupols Bürgermeister Wadim Boitschenko in einem auf Telegram veröffentlichten Video. "Heute wollen sie uns einfach alle vernichten."
Auch Wohngebäude würden von der russischen Armee beschossen, berichtete Boitschenko. Wichtige Infrastruktur wie die Strom- und Wasserversorgung funktioniere nicht mehr. Die Lage verschlechtere sich "von Stunde zu Stunde", sagte die 28-jährige Einwohnerin Maryna. Bislang halte Mariupol aber stand, versicherte die ukrainische Armee.
Im Norden der Ukraine wurde die nahe der russischen Grenze gelegene Stadt Charkiw nach Angaben der Regionalbehörden die ganze Nacht bombardiert. Bei Bombardements auf Isium rund 120 Kilometer südöstlich von Charkiw starben nach Behördenangaben acht Menschen, darunter zwei Kinder.
Zudem kämpften russische Truppen in Tschernihiw und Nischyn rund 150 Kilometer von Kiew entfernt sowie in Sumy und Ochtirka rund 350 Kilometer östlich von Kiew. In der Hauptstadt selbst waren laut Botschaften in Online-Netzwerken in der Nacht heftige Explosionen zu hören. Nach US-Angaben geriet die riesige Kolonne russischer Armeefahrzeuge nördlich von Kiew wegen Treibstoff- und Lebensmittelmangels ins Stocken.
Ukraines Staatschef Wolodymyr Selenskyj versicherte in einer Video-Ansprache, dass sein Land "jedes Gebäude wieder aufbauen" werde und Russland für alle Schäden "Reparationen" leisten müsse. Nach Selenskyjs Angaben wurden mittlerweile rund 9000 russische Soldaten getötet, Moskau bezifferte ihre Zahl hingegen auf 498.
US-Außenminister Antony Blinken sagte, durch Russlands Offensive seien bereits "hunderte, wenn nicht tausende Zivilisten getötet oder verletzt worden". Nach US-Angaben setzt die russische Armee auch international geächtete Streubomben und Vakuumbomben ein.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf derweil dem Westen Gedankenspiele über einen Atomkrieg vor. Trotz geringer Erfolgsaussichten sollten am Donnerstag die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über eine Beendigung des Krieges im Nachbarland Belarus fortgesetzt werden.
Die Staaten der UN-Vollversammlung verabschiedeten am Mittwoch (Ortszeit) in New York eine Resolution, in der sie "mit größtem Nachdruck" Russlands Ukraine-Invasion "beklagen" und die Entscheidung von Kreml-Chef Wladimir Putin verurteilen, die Atomstreitkräfte seines Landes in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen. 141 Mitgliedstaaten stimmten dafür, 35 weitere - darunter die Atommächte China, Indien und Pakistan - enthielten sich. Nur Russland, Belarus, Syrien, Nordkorea und Eritrea votierten dagegen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf Russland am Donnerstag in einer Videobotschaft bei der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf "gravierendste Verletzungen der Menschenrechte" vor. Daher müsse die Welt "diesem Angriff entgegentreten".
IStGH-Chefermittler Karim Khan erklärte in der Nacht, die Ermittlungen des Haager Tribunals wegen möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine würden "sofort" starten. Die Beweissammlung habe bereits begonnen.
C.M.Harper--TFWP