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Trotz andauernder internationaler Proteste muss der seit mehr als vier Jahren ohne Verurteilung inhaftierte türkische Kulturförderer Osman Kavala im Gefängnis bleiben. Der 64-Jährige war am Montag unerwartet zu einem Gerichtstermin in Istanbul zitiert worden, was in seinem Umfeld die Vermutung einer Urteilsverkündung genährt hatte. Stattdessen vertagten die Richter den Fall erneut und verlängerten damit Kavalas Untersuchungshaft.
Der Kulturmäzen wird beschuldigt, die gegen die Regierung gerichteten Gezi-Proteste im Jahr 2013 unterstützt zu haben. Ihm droht lebenslange Haft.
Nach Angaben aus Kavalas Umfeld hatte das Gericht den Inhaftierten aufgefordert, persönlich an der Anhörung am Montag teilzunehmen. Er nahm dann per Videoschaltung aus dem Gefängnis von Silivri - rund 60 Kilometer westlich von Istanbul - teil. Seine Anwesenheit hatte die Erwartung geweckt, dass die drei Richter, die seinen Prozess beaufsichtigen, ein endgültiges Urteil fällen könnten.
Vorherigen Gerichtsterminen war Kavala ferngeblieben. Nach einem Gerichtsauftritt im Oktober - ebenfalls per Video - hatte er nach eigenen Angaben beschlossen, nicht mehr an den Anhörungen teilzunehmen. Er habe den Glauben an die türkische Justiz aufgegeben, begründete er damals seine Entscheidung.
Mehrere westliche Beobachter nahmen an dem Gerichtstermin am Montag teil. Kavala wies die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen erneut zurück und bezeichnete sie als als "politisch motiviert". "Meine andauernde Inhaftierung ist völlig unbegründet", sagte er.
Auch Menschenrechtsorganisationen kritisieren den Fall seit Jahren. Das Verfahren zeige, "wie schlecht es um die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei bestellt ist", erklärte Amnesty International vor dem Gerichtstermin am Montag. Kavala werde "aufgrund unbegründeter Anschuldigungen willkürlich in einer Einrichtung weit weg von seiner Familie festgehalten", sagte Nils Muiznieks, Europa-Direktor von Amnesty.
Kavalas Fall hatte im Herbst eine diplomatische Krise zwischen dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und einem Dutzend westlicher Botschafter, darunter denen der USA und Deutschland, ausgelöst. Erdogan drohte den Diplomaten mit der Ausweisung, nachdem sie Kavalas Freilassung gefordert hatten. Erst in letzter Minute lenkte Erdogan ein und ließ die Botschafter im Land bleiben.
Der Europarat leitete wegen Kavalas unrechtmäßiger Inhaftierung im Dezember ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei ein, nachdem Ankara eine Anordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Kavalas Freilassung ignoriert hatte.
Die Türkei könnte im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens ihr Stimmrecht oder sogar ihre Mitgliedschaft im Europarat verlieren. Ankara wirft dem Europarat vor, sich in "die Unabhängigkeit von Gerichtsverfahren" in der Türkei einzumischen.
P.Navarro--TFWP